Supplik / Supplikation: Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Verb supplicare ab, was so viel heißt wie "vor jemandem auf die Knie fallen" oder auch "flehentlich bitten". Er bezeichnet das Bittgesuch eines Bürgers, einer Gruppe oder einer Korporation an den Landesherren um eine Stellungnahme zu erlassenen Gesetzen, Privilegien oder einer Rechtsstreitigkeit. Diese wurde von den obrigkeitlichen Behörden, teils auch vom Landesherren selbst in Form eines Reskripts (schriftliches Gutachten) oder einer Dispensation (Erlass, Ausnahmebewilligung) beantwortet.
In der historischen Forschung zur FNZ sind die Supplikationen derzeit eine sehr stark untersuchte Quellengattung. Einige Forscher untersuchen sie als Ego-Dokumente, also um sich den Problemen der Zeitgenossen, die ansonsten quellenmäßig schwer greifbar sind, anzunähern (Ulbricht, Supplikationen als Ego-Dokumente). Aufgrund der zunehmenden Formalisierung von Supplikationen ist das jedoch nicht ganz unumstritten.
Andere Historiker nähern sich über diese Quellengattung der frühneuzeitlichen Gesetzgebungspraxis an. Sie betrachten Supplikationen und Dispensationen als einen "integralen, funktionalen Bestandteil der Gesetzgebungspraxis" der Frühen Neuzeit (Holenstein, "Die Umstände der Normen - die Normen der Umstände). Mittels der durch das Supplikationswesen kanalisierten Kommunikation konnten Regierungen und Behörden zu Informationen über Vorkommnisse in der Untertanenschaft gelangen, während die Untertanen ihre eigenen, partikularen Interessen artikulieren und gesetzesförmige, politische Entscheidungen einfordern konnten. Der Umgang mit Supplikationen zeigt den Versuch frühneuzeitlicher Behörden zwischen normativen Vorschriften und den Anforderungen der lokalen rechtlichen Verhältnisse zu vermitteln, denn das Recht war noch nicht in der heute gekannten Weise systematisiert und ausdifferenziert.
Literatur
Otto Ulbricht, Supplikationen als Ego-Dokumente. Bittschriften von Leibeigenen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts als Beispiel, in: Winfried Schulze (Hg.), Ego-Dokumente. Annäherung an den Menschen in der Geschichte (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 2) Berlin 1996, 149-174.
André Holenstein, Die Umstände der Normen - die Normen der Umstände. Policeyordnungen im kommunikativen Handeln von Verwaltung und lokaler Gesellschaft im Ancien Régime, in: Klaus Härter (Hg.) Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft (Ius Commune Sonderhefte, Bd. 129) Frankfurt a. M. 2000, 1-46.