Verleger

(tl) Im 14. und 15. Jh. war Verleger Bezeichnung für Kaufleute, die im Ausfuhrhandwerk flandrischer und florentinischer Tuchweber oder Lübecker Bernsteindrechsler tätig waren. Dann (15.-18. Jh.) wurde der Begriff auf Personen ausgeweitet, die für einen in seiner eigenen Wohnung oder Werkstatt tätigen Produzenten die Absatzfunktionen (Markterkundung und -erschließung) übernahmen und teilweise auch dessen produktive Selbstständigkeit beschränkten (wenn der betreffende Produzent für nur einen Verleger tätig war). Im letzteren Fall regelte der Verleger die Produktgestaltung nach den Wünschen seiner Abnehmer, überwachte jedoch nicht die Technologie der Erzeugung.

Das Verlagssystem bestand in drei unterschiedlichen Formen:

 

Lohnsystem: der Verleger lieferte die Materialien und entlohnte den Heimarbeiter nach gelieferter Stückzahl.

Kaufsystem: der Heimarbeiter stellte die Arbeitskraft sowie die benötigten Materialien und Werkzeuge, der Verleger nahm die Ware zu einem von ihm bestimmten Preis ab. Das Kaufsystem war besonders in Sektoren verbreitet, in denen benötigte Vorleistungen gut in bäuerlicher Hauswirtschaft erbracht werden konnten (zum Beispiel Leinwandfabrikation). Regionale Schwerpunkte bildeten Ostwestfalen und Schlesien.

Zwischenmeistersystem: der Verleger lieferte die Materialien und zumeist auch die Werkzeuge; zudem bestimmte er, wie viel produziert wurde; der Zwischenmeister war ein selbstständiger Gewerbetreibender mit eigener Werkstatt, in der die Lohnaufträge von den Angestellten des Zwischenmeisters oder dessen Familienangehörigen erledigt wurden.

In der Form des Lohn- und vor allem des Zwischenmeisterprinzips wurde das Verlagssystem im 18. Jh. in den nördlichen und süd-westlichen Territorien des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen, in Sachsen, Thüringen sowie in der nördlichen Schweiz zu einem der wichtigsten Betriebssysteme in der Textil- und Eisenindustrie. Eine Gemeinsamkeit aller drei Erscheinungsformen war, dass sich die verlegten Personen in mehr oder weniger große wirtschaftliche Abhängigkeit ihres Verlegers begaben (insbesondere, wenn sie nur für einen Verleger tätig waren). Für den Verleger hatte das Verlagssystem vor allem zwei Vorteile: den geringen Bedarf an Anlagekapital und die Möglichkeit das Beschäftigungsrisiko vollständig auf die Beschäftigten abzuwälzen.

In den meisten Fällen kamen die Verleger aus Städten (zum Teil sogar aus weit entfernten; zum Beispiel kamen in Schlesien tätige Verleger aus Nürnberg und Hamburg). Sie waren in der Regel Angehörige der städtischen (adeligen aber zunehmend auch bürgerlichen) Oberschichten und entstammten Familien, die schon vor Aufnahme der Verlegertätigkeit im (Fern-)Handel tätig waren. In Baumwolle produzierenden Regionen (Niederschlesien, Nord-Schweiz, Sachsen) gab es auch ländliche Verleger, allerdings meist nur als zusätzliche Instanz zwischen städtischem Verleger und den Produzenten auf dem Land (etwa indem sie den Transport der hergestellten Güter zum Teil übernahmen). Diese Zwischenverleger kamen meist aus im lokalen Einzelhandel tätigen Familien und waren erheblich kleiner als die städtischen Verleger.

Die Produzenten waren in der Mehrzahl auf dem Land beheimatet. Meist waren sie vorher Handwerksgesellen oder selbstständige Handwerksmeister (insbesondere in den westlichen und südlichen Territorien des Röm-dt. Reiches). Insbesondere in Regionen mit Zwischenverlegersystem rekrutierten sie sich auch aus den verwandte Themen ländlichen Unterschichten (Landlose, zum Teil auch Kleinstbauern). Nur die wenigsten der Meister hatten Gesellen oder bezahlte Beschäftigte, daher war bei fast allen Produzenten Heimarbeit unter Einbeziehung der eigenen Familie die Regel.

Das Verlagssystem nivellierte die Unterschiede zwischen Meistern und Gesellen, indem es erstere zu abhängig Beschäftigten „erniedrigte“ und letztere zu selbstständigen Produzenten „beförderte“. Außerdem beförderte es die Verlagerung von handwerklich tätigen Produzenten von der Stadt aufs Land. Damit stand das Verlagssystem in Widerspruch mit der traditionellen Ordnung der städtischen Zünfte und schwächte diese zum Teil erheblich.

 

Literatur Rainer Gömmel, Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus (=Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 46), München 1998; Literatur Wilfried Reininghaus, Gewerbe in der frühen Neuzeit (=EDG, Bd. 3). München 1990; Literatur R. Sellien/H. Sellien (Hrsg), Gablers Wirtschaftslexikon, Bd. 4. 8. Aufl. Wiesbaden 1971.

(tl) Im 14. und 15. Jh. war Verleger Bezeichnung für Kaufleute, die im Ausfuhrhandwerk flandrischer und florentinischer Tuchweber oder Lübecker Bernsteindrechsler tätig waren. Dann (15.-18. Jh.) wurde der Begriff auf Personen ausgeweitet, die für einen in seiner eigenen Wohnung oder Werkstatt tätigen Produzenten die Absatzfunktionen (Markterkundung und -erschließung) übernahmen und teilweise auch dessen produktive Selbstständigkeit beschränkten (wenn der betreffende Produzent für nur einen Verleger tätig war). Im letzteren Fall regelte der Verleger die Produktgestaltung nach den Wünschen seiner Abnehmer, überwachte jedoch nicht die Technologie der Erzeugung.
Das Verlagssystem bestand in drei unterschiedlichen Formen:

  1. Lohnsystem: der Verleger lieferte die Materialien und entlohnte den Heimarbeiter nach gelieferter Stückzahl.
  2. Kaufsystem: der Heimarbeiter stellte die Arbeitskraft sowie die benötigten Materialien und Werkzeuge, der Verleger nahm die Ware zu einem von ihm bestimmten Preis ab. Das Kaufsystem war besonders in Sektoren verbreitet, in denen benötigte Vorleistungen gut in bäuerlicher Hauswirtschaft erbracht werden konnten (zum Beispiel Leinwandfabrikation). Regionale Schwerpunkte bildeten Ostwestfalen und Schlesien.
  3. Zwischenmeistersystem: der Verleger lieferte die Materialien und zumeist auch die Werkzeuge; zudem bestimmte er, wie viel produziert wurde; der Zwischenmeister war ein selbstständiger Gewerbetreibender mit eigener Werkstatt, in der die Lohnaufträge von den Angestellten des Zwischenmeisters oder dessen Familienangehörigen erledigt wurden.

In der Form des Lohn- und vor allem des Zwischenmeisterprinzips wurde das Verlagssystem im 18. Jh. in den nördlichen und süd-westlichen Territorien des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen, in Sachsen, Thüringen sowie in der nördlichen Schweiz zu einem der wichtigsten Betriebssysteme in der Textil- und Eisenindustrie. Eine Gemeinsamkeit aller drei Erscheinungsformen war, dass sich die verlegten Personen in mehr oder weniger große wirtschaftliche Abhängigkeit ihres Verlegers begaben (insbesondere, wenn sie nur für einen Verleger tätig waren). Für den Verleger hatte das Verlagssystem vor allem zwei Vorteile: den geringen Bedarf an Anlagekapital und die Möglichkeit das Beschäftigungsrisiko vollständig auf die Beschäftigten abzuwälzen.
In den meisten Fällen kamen die Verleger aus Städten (zum Teil sogar aus weit entfernten; zum Beispiel kamen in Schlesien tätige Verleger aus Nürnberg und Hamburg). Sie waren in der Regel Angehörige der städtischen (adeligen aber zunehmend auch bürgerlichen) Oberschichten und entstammten Familien, die schon vor Aufnahme der Verlegertätigkeit im (Fern-)Handel tätig waren. In Baumwolle produzierenden Regionen (Niederschlesien, Nord-Schweiz, Sachsen) gab es auch ländliche Verleger, allerdings meist nur als zusätzliche Instanz zwischen städtischem Verleger und den Produzenten auf dem Land (etwa indem sie den Transport der hergestellten Güter zum Teil übernahmen). Diese Zwischenverleger kamen meist aus im lokalen Einzelhandel tätigen Familien und waren erheblich kleiner als die städtischen Verleger.
Die Produzenten waren in der Mehrzahl auf dem Land beheimatet. Meist waren sie vorher Handwerksgesellen oder selbstständige Handwerksmeister (insbesondere in den westlichen und südlichen Territorien des Röm-dt. Reiches). Insbesondere in Regionen mit Zwischenverlegersystem rekrutierten sie sich auch aus den ländlichen Unterschichten (Landlose, zum Teil auch Kleinstbauern). Nur die wenigsten der Meister hatten Gesellen oder bezahlte Beschäftigte, daher war bei fast allen Produzenten Heimarbeit unter Einbeziehung der eigenen Familie die Regel.
Das Verlagssystem nivellierte die Unterschiede zwischen Meistern und Gesellen, indem es erstere zu abhängig Beschäftigten „erniedrigte“ und letztere zu selbstständigen Produzenten „beförderte“. Außerdem beförderte es die Verlagerung von handwerklich tätigen Produzenten von der Stadt aufs Land. Damit stand das Verlagssystem in Widerspruch mit der traditionellen Ordnung der städtischen Zünfte und schwächte diese zum Teil erheblich.

Rainer Gömmel, Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus (=Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 46), München 1998;  Wilfried Reininghaus, Gewerbe in der frühen Neuzeit (=EDG, Bd. 3). München 1990;  R. Sellien/H. Sellien (Hrsg), Gablers Wirtschaftslexikon, Bd. 4. 8. Aufl. Wiesbaden 1971.