Quellen: Kulturkontakt
Columbus über die Eingeborenen
„In der Erkenntnis, daß es sich um Leute handle, die man weit besser durch Liebe als mit dem Schwert retten und zu unserem Heiligen Glauben bekehren könne, gedachte ich, sie mir zu Freunden zu machen und schenkte also einigen unter ihnen rote Kappen und Halsketten aus Glas und noch andere Kleinigkeiten von geringem Werte, worüber sie sich ungemein erfreut. [...] Sie führen keine Waffen mit sich, die ihnen nicht einmal bekannt sind; ich zeigte ihnen die Schwerter, und da sie sie aus Unkenntnis bei der Schneide anfaßten, so schnitten sie sich.“ (Bordbuch, 11.-12.10.1492, 89f.)
„Alles, was sie besitzen, geben sie freudig für jeden noch so törichten Gegenstand; sie tauschten sogar die Scherben unserer Schüsseln und gebrochenen Glastassen ein“. (Bordbuch, 13.10.1492, 93)
- aus: Christoph Columbus, Bordbuch, Briefe, Berichte, Dokumente, ausgewählt, eingeleitet und erläutert von Ernst Gerhard Jacob. Bremen 1957, 89-93.
Die Azteken über die Spanier: Bernardino de Sahagún (ca. 1500-1590)
„Sie schenkten den Spaniern Goldfahnen, Fahnen aus Quetzalfedern und goldene Halsketten. Nachdem sie ihnen das Geschenk überreicht hatten, wurde ihr Gesicht heiter, sie freuten sich sehr und waren vergnügt. Wie Affen hoben sie das Gold auf. Es war, als ob sie zufriedengestellt worden seien, als ob ihr Herz neu und erleichtert würde. Wirklich! Sie dürsten mächtig nach Gold, ihr Körper streckt sich, sie werden wie wild vor Hunger danach. Wie hungrige Schweine waren sie gierig nach Gold.“
- aus: M. Delgado (Hrsg.), Gott in Lateinamerika. Texte aus fünf Jahrhunderten. Ein Lesebuch zur Geschichte. Düsseldorf 1991, zitiert nach: Reinhard Wendt, Seit 1492: Begegnung der Kulturen, in: Anette Völker-Rasor (Hrsg.), Frühe Neuzeit. München 2000, 82.
Pedrarias Dávilla Oviedo über die Indios
„Gott wird sie bald vernichten [...]. Satan ist nun von dieser Insel [Hispaniola] vertrieben; nun, da die Mehrheit der Indianer tot ist, ist sein ganzer Einfluß verschwunden. [...] Wer will leugnen, daß das Pulver, das man gegen die Heiden verwendet, für Unseren Herrn Weihrauch ist?“
- zitiert nach: Tzvetan Todorov, Die Eroberung Amerikas: Das Problem des Anderen, Frankfurt a.M. 1992, 183.
Bericht des Hernán Cortés an Kaiser Karl V. über die Hochkultur der Azteken vom 20. Oktober 1520
„Die große Stadt Tenochtitlan [Mexiko] liegt in einem Salzsee. Sie hat vier Zugänge auf aufgeschütteten Dämmen, die so breit sind wie die Länge zweier Reiterlanzen. Die Stadt ist so groß wie Sevilla und Cordoba. Ihre Hauptstraßen sind sehr breit und geradlinig, und einige von ihnen wie alle übrigen sind zur einen Hälfte feste Wege und zur anderen Kanäle, wo man mit Kähnen fährt [...]. Diese Stadt hat viele Plätze, wo ständig Markt stattfindet. Ein anderer Platz ist zweimal so groß wie die Stadt Salamanca, ganz mit Säulengängen umgeben, wo täglich über 60 000 Personen kaufen und verkaufen und wo es alle Arten von Waren gibt. Auf ihm gehen ständig Personen umher, die aufpassen und die Maße beobachten, die man beim Verkauf benutzt, und man hat gesehen, wie sie ein falsches Maß entzweibrechen [...]. Um nicht weitschweifiger in dem Bericht von den Dingen dieser großen Stadt zu sein, will ich nur noch sagen, daß in ihrem Verkehr und im Umgang der Leute es fast dieselbe Lebensweise wie in Spanien gibt und ebensoviel Ordnung wie dort. Wenn man denkt, daß diese Menschen Barbaren sind und von der Erkenntnis Gottes und von dem Kontakt mit anderen vernünftigen Völkern weit entfernt, ist es erstaunlich zu sehen, wie verständig sie alle Dinge regeln.
Von Moctezuma [dem Aztekenkaiser] und den wunderbaren Dingen seines Reiches und seiner Herrschaft wäre soviel zu schreiben, daß ich Eure Königliche Hoheit versichere, ich weiß nicht wo anzufangen, um nur einen Teil davon erzählen zu können, denn was kann großartiger sein, als daß ein barbarischer Herrscher wie dieser alle Dinge, die unter dem Himmel es in seinem Reiche gibt, aus Gold, Silber, Edelsteinen und Federn in so natürlicher Nachbildung besitzt, daß kein Gold- oder Silberschmied in der Welt es besser machen könnte und daß an den Edelsteinen nicht zu verstehen ist, mit welchen Werkzeugen sie so vollkommen bearbeitet werden konnten und daß, was den Federschmuck angeht, man weder in Wachs noch in Stickerei etwas Wunderbareres machen könnte? [...] Wer Moctezumas Palast betritt, muß dies mit bloßen Füßen tun. Wer zu ihm gerufen wird, nähert sich ihm, Haupt und Augen gesenkt und in demütiger Haltung. Auch wenn jemand mit ihm spricht, darf er ihm nicht ins Angesicht sehen. Dies erfordert die Ehrfurcht und Achtung. Ich weiß, daß man es aus Ehrerbietung tut, denn einzelne mexikanische Edelleute tadelten die Spanier, daß sie, wenn sie mit mir sprechen, zwanglos dastehen und mir in die Augen schauen, was unehrerbietig und unverschämt erscheine. Wenn Moctezuma ausgeht, was selten geschieht, so wenden alle, die mit ihm gehen, und diejenigen, die ihm begegnen, das Gesicht von ihm weg und blicken ihn auf keinen Fall an, und alle übrigen werfen sich zu Boden, bis er vorüber ist. [...] Eines Tages sprach ich mit Moctezuma und sagte ihm, daß Eure Hoheit für einige Werke, die er herzustellen befahl, Gold brauche und daß er ihn bitte, einige seiner Leute zusammen mit einigen Spaniern nach den Ländern und Häusern seiner Vasallen auszuschicken und sie aufzufordern, etwas von ihren Kostbarkeiten an Eure Majestät abzuliefern. So geschah es auch, daß alle jene Vasallen sehr reichlich darbrachten, was man von ihnen erbat, ebenso an Schmuck, wie kleine Barren und Blättchen von Gold und Silber und andere Dinge, die sie besaßen, so daß allein das Fünftel des eingeschmolzenen Edelmetalles, das Eurer Majestät zusteht, 32400 Goldpesos ausmachte, ohne alle Gold- und Silberkleinodien, Federschmuck, Edelsteine und andere Wertgegenstände, die ich für Eure Majestät aussuchte und bestimmte und deren Wert auf 100000 Dukaten und mehr zu schätzen ist. Abgesehen von ihrem Wert waren diese Gegenstände derart wundervoll, daß sie nach ihrer Neuigkeit und Seltsamkeit nicht preislich taxiert werden konnten, und es ist nicht glaubhaft, daß irgendein Fürst der Welt, von dem man Kunde hat, derartige Kostbarkeiten dieser Qualität besitzt.“
- zitiert nach: Richard Konetzke (Hrsg.), Lateinamerika seit 1492. Stuttgart 1971, 15-16.