2.3. Die Niederlande als Wirtschaftsmacht im „Goldenen Zeitalter“
2.3.1. Grundlagen des Aufstiegs zur See- und Handelsmacht
Folgende Faktoren führten zum Aufstieg als See- und Handelsmacht:
- seit dem Hochmittelalter herrscht ein hoher Grad an Verstädterung,
- es existiert ein hochentwickeltes Textilgewerbe in Flandern,
- er erfolgt eine Kommerzialisierung der Landwirtschaft,
- das Land verfügt über bedeutende Handelszentren (Brügge, Antwerpen),
- es herrscht eine starke stadtbürgerliche Autonomie.
In der Reformation breiten sich Täufertum und Calvinismus aus, dagegen katholische Zwangskonfession.
2.3.2. Unabhängigkeitskampf
Chronologie des Unabhängigkeitskampfes der sieben Provinzen gegen die habsburgische Herrschaft (80jähriger Krieg: 1568-1648):
1566 | Bildersturm, Unruhen, |
1668 | Repression löst einen militärischen Aufstand aus; |
1579 | Union von Utrecht begründet Verfassung der Vereinigten Niederlande (unter Führung der Provinz Holland); |
1581 | Abschwörung von Habsburg; |
1584/5 | Spanien erobert Antwerpen und Gent zurück; militärische Selbstbehauptung der Aufständischen; |
1609-1621 | Waffenstillstand und Konsolidierung der Republik; |
1621-48 | nach Wiederaufnahme des Krieges herrscht keine existentielle Bedrohung der Unabhängigkeit mehr, die auch im Westfälischen Frieden anerkannt wird. |
Die Folgen des Krieges sind:
- Zustrom von Flüchtlingen aus den südlichen Provinzen;
- Niedergang der alten Handelsmetropole Antwerpen durch die spanische Blockade der Schelde und der Aufstieg Amsterdams.
- Verdrängung der Hansestädte im Ostseehandel (Salz, Wein, Getreide, Holz, Fisch), Handel vom Baltikum bis in den Mittelmeerraum.
- Amsterdam wird Zentrum des europäischen Edelmetallverkehrs.
2.3.3. Ostasien
1602 schließen sich unter staatlicher Mitwirkung eine Reihe von niederländischen Kaufmannskompanien zur Vereinigten Ostindischen Compagnie (VOC) zusammen, um die Konkurrenz untereinander auszuschalten. Sie erhalten vom niederländischen Staat Hoheitsrechte (Kriegführung, Festungsbau, Landerwerb) und Handelsmonopole. Die VOC zeichnet sich durch eine oligarchische Struktur aus:
- 17 patrizische Direktoren, ergänzt durch Kooptation;
- erstmals Struktur einer modernen Aktiengesellschaft;
- ihre Anteile werden an der Börse in Amsterdam gehandelt;
- keine Mitspracherechte der vielen Kleinaktionäre.
Die VOC erobert die Vorherrschaft im Ostasienhandel, die sie bis gegen Ende des 17. Jh.s halten kann. Die zentrale Organisation liegt bei einem Generalgouverneur, der seit 1619 seinen Sitz in Batavia (Djakarta) hat. Es werden Handels-, nicht Siedlungskolonien gegründet.
Grundlagen der Vorherrschaft:
- Monopole auf den ertragreichen Handel mit den Luxuswaren Muskat und Nelken, teils aufgrund von Verträgen mit lokalen Herrschern, vor allem aber aufgrund gewaltsamer Eroberung (Massaker, Vertreibung, Zwangsumsiedlung etc.), Ausbildung territorialer Herrschaft und Steuerung der einheimischen Produktion (Banda-Inseln 1621, Malakka 1641, Celebes 1669).
- Monopol im Handel mit Japan, das sich Mitte des 17. Jh.s gegen ausländische Einflüsse abschließt, die Handelsbeziehungen streng reglementiert und keine anderen Kaufleute zulässt.
- Aufbau eines innerasiatischen Handelsnetzes, das ebenso wichtig ist wie der interkontinentale Handel („country trade“: indische Textilien gegen indonesische Gewürze, japanisches Silber gegen chinesische Seide).
Niedergang der VOC 1670er bis 1730er Jahren:
- Rückgang des Gewürzhandels zugunsten des Handels mit Textilien, Kaffee, Tee, v.a. mit China, das außerhalb des von der VOC kontrollierten Raums liegt.
- Zunehmende Korruption und Privathandel der Beamten.
2.3.4. Afrika und Karibik
Die niederländische Politik in Afrika und in der Karibik wird durch folgende Faktoren geprägt:
1590er | Seit den 1590er Jahren dringen die Niederlande in den atlantischen Handel ein; |
1623/4 | Gründung der Westindischen Compagnie (WIC) nach dem Muster der VOC; |
1624-54 | Krieg mit Portugal um Brasilien; zunehmende Beteiligung am Dreieckshandel von Zucker, Sklaven und der Lieferung von Bedarfsgütern der englischen, französischen und spanischen Siedler. |
1700 | Um 1700 geht die führende Stellung der Niederlande an England und Frankreich verloren. Im 17. Jh. werden immer wieder englische bzw. englisch-französische Kriege gegen die Niederlande geführt: drei Handelskriege England – Niederlande, pfälzischer Erbfolgekrieg, spanischer Erbfolgekrieg; Ende des niederländischen „Goldenen Zeitalters“. |