5.2. Basisinformationen „Hexenverfolgung“

von Barbara Unterlechner

Entgegen einer nach wie vor weit verbreiteten Vorstellung waren die großen Hexenverfolgungen kein Phänomen des „finsteren Mittelalters“, sondern der Frühen Neuzeit: Sie setzten im späten 16. Jh. – wenn auch mit erheblichen regionalen und zeitlichen Differenzen – europaweit ein und dauerten bis in die zweite Hälfte des 17. Jh.s an. Innerhalb dieses Zeitraums fanden die Verfahren nicht mit gleichbleibender Intensität statt, sondern weisen in fast allen Regionen deutliche zeitliche Konzentrationen auf: Im Deutschen Reich sind diese Wellen am häufigsten um 1590, um 1630 und um 1660 zu beobachten.

Das Deutsche Reich war neben den heutigen Ländern Frankreich und Schweiz einer der Schwerpunkte der europäischen Hexenverfolgung, vor allem die Zone, die sich von Lothringen über Kurtrier, das Herzogtum Westfalen, Minden, Schaumburg, von dort über die Harzgegend zu den anhaltischen Fürstentümern und über die sächsischen Herzogtümer und die Bistümer Bamberg, Eichstätt, Augsburg zur Schweizer Grenze erstreckte (vgl. Schormann, Hexenprozesse, 65).

Aufgrund der Quellenlage – für viele Regionen sind die Prozessakten unvollständig oder gar nicht überliefert, für andere sind sie noch nicht ausgewertet – erweist es sich als schwierig, zuverlässige Angaben zur Zahl der Verfolgungsopfer zu machen. Man ist sich heute jedoch weitgehend über die Notwendigkeit einig, die Zahlen der älteren Hexenforschung, die noch von mehreren Millionen Opfern ausgegangen war, stark nach unten zu korrigieren: Neuere Schätzungen gehen für Europa von 70.000 (Midelfort, Fragen, 15) bis 100.000 (Behringer, Hexenprozesse, 165), für das Deutsche Reich von etwa 15.000 (ebd.) bis höchstens 100.000 (Schormann, Hexenprozesse, 71) Opfern aus. Selbst diese nach unten korrigierten Zahlen machen deutlich, dass es sich bei den Hexenverfolgungen des 16. und 17. Jh.s keineswegs um eine Randerscheinung, sondern um ein zentrales gesellschaftliches Phänomen im Europa der Frühen Neuzeit handelt.