2.5. Atlantisches Weltwirtschaftssystem und Sklaverei
England wird das Zentrum eines asymmetrischen Weltmarktes im 18. Jh.: eines „kapitalistischen Weltsystems, dessen Basis die Unterwerfung der Peripherie unter die Reproduktionserfordernisse der Metropolen war“ (Kriedte, Spätfeudalismus). Der dynamischste Sektor ist der Atlantikhandel, der aus einem „Dreieckshandel“ zwischen Europa, Westafrika und Amerika besteht:
- Europa liefert gewerbliche Waren nach Afrika,
- Afrika liefert Sklaven nach Amerika,
- Amerika liefert Edelmetalle, Rohstoffe und Kolonialwaren nach Europa.
In der Karibik, Brasilien und (später) nordamerikanischen Südstaaten entsteht die Plantagenwirtschaft (Zucker, Kakao, Kaffee, Baumwolle) auf der Grundlage von Sklaverei. Einen Höhepunkt erreicht der atlantische Sklavenhandel, betrieben vor allem von den Niederlanden, England und Frankreich, im 18. Jh.: Insgesamt wurden vom 15.-19. Jh. 11 Mio. afrikanischer Sklaven nach Amerika gebracht; davon 6 Mio. im 18. Jh.
Sklavenhandel ist organisiert auf der Grundlage innerafrikanischer Sklaverei (die aber dort sozial durchlässiger ist): Afrikanische Sklavenhändler verkaufen Menschen aus dem Hinterland gegen Gold, Kaurimuscheln, Tuch, Eisenwaren, Branntwein, v.a. Waffen, die wiederum ihre Stellung stärken. Hauptziele sind Brasilien und Karibik, nach Nordamerika werden relativ wenige Sklaven deportiert, die aber dort eine geringere Mortalitätsrate aufweisen.
Sklaverei ist eine permanente, persönliche, gewaltsame Herrschaft; die Bindung kann vom Sklaven nicht gelöst werden. Er hat keine Ansprüche auf Verwandtschaftsbeziehungen (soziales Kapital, Versorgung), Güterbesitz, Rechtsschutz, Ehre oder Würde. Legitimiert wird diese Herrschaft durch eine Überzeugung von der natürlichen Minderwertigkeit der Sklaven.
Die Sklavenpreise verdoppeln sich im Laufe des 18. und frühen 19. Jh.s; in Europa wächst in der zweiten Hälfte des 18. Jh.s allmählich Kritik an der Sklaverei, die sich auf ökonomische, naturrechtliche und moralische Argumente stützt. Sklavenaufstände im Zeitalter der Französischen Revolution führen u.a. zur Unabhängigkeit von Saint-Domingue: heute Haiti.