Quelle: Mandat des Augsburger Stadtrats von 1534

nach Clemens Sender, Die deutsche Chronik
Augsburg [ca. 1528-1536]

„[...]
Nachdem ain erbarer groser und klainer rat dieser stat Augspurg betracht, wie mercklich die eer gottes durch die widerwertigen leren verhindert, die gewissen der gůthertzigen beschwert und der gemein man aintweders in irthumb oder doch zum wenigisten in ainen gefährlichen zweiffel gefiert wirt, dardurch auch die menschen nit in klainen widerwillen wachsen, darbei allerlei weitleuffigkait, besunder unrů under der comun, zerrittung der burgerschafft und zůletzst unwiderpringlich abnemen dieser stat zů besorgen gewessen, wa solichen schwebenden widerwertigkaiten, geferden und unrat durch die gnad des almechtigen nit gewendt worden were: so hat gedachter rat als ain cristenliche oberkait und gottes dienerin, die nichts anders, dan daß der nam gottes groß gemacht und sein götlich reich durch das hailig evangelium täglich gemert werde, begert, zů schuldiger fuderung und erhaltung der gesunden leer, geliebten frids und loblicher ainigkait irer von got bevolchner underthanen, hingegen zů verhiettung weitterer zwitrachten, nachtails und verderblicher zersterung der gemeind Cristi die spaltung der widerwertigen predigen alhie abgestelt, alle und jede prediger, so nit von inen auffgestelt gewessen, auch wider das klarr wort gottes (als beweislich und offenbarr ist) gelert haben, deshalben mit ains rats predicanten in verkündung und auslegung des evangeliums mißhellig sein und sich doch mit inen nie in ainich cristenlich und brüderlich gesprech, zů ainer vergleichung dienstlich, wie offt es an sie gesunen worden ist, begeben wellen, abgewendt, denen mit irer leer still zůsteen angesagt und an derselben stadt ire predicanten mit merer frucht des evangeliums, allein das rain, lautter wort gottes zů leren und zů predigen auffgestelt und verordnet, doch nit anderst noch lenger, dann bis die abgestelten prediger ir leer und predigen warhafft und krecht zesein mit grund der hailige schrifft beweisen und darthon werden. dweil auch ainem jedem regenten oder obern durch das ampt seiner oberkait auffgelegt und eingepunden wirt, allen vleiß fürzůkeren und darob zů sein, daß sein underthanen nit allein mit dem wort gottes getreulich gewaidet, sunder auch solhem götlichen wort (als vil miglich) gelebt, was aber got, seinem wort und bevelch, auch der seelen hail und gemeinen cristenlichem nutz offenlich widerstrept, abgekört werde, wan aller gwalt, wie Paulus sagt, zur besserung und nit zum verderben gegeben ist, so hat ain erbarer groser rat got den almechtigen zů eeren alle und jede kirchen und capellen alhie [...] durch die verordneten beschliessen laussen, damit die cerimonien und vermeinten gotsdienst, so bisher darin mißpraucht worden sein, fürohin vermitteln und nit merr gehalten, bis die cristenlich geendert worden, welche kirchen und capellen bis auff das schierest frei, gemein, cristenlich concilium oder nacionalversammlung also verspert pleiben und nit mer anderst dann auff ain cristenliche enderung geöffnet werden sollen. aus gleichen ursachen ain groser rat alles und jedes, was den zechen in allen pfarren alhie zůgehört, durch die verordneten zů iren handen nemen, solhs von den verwenten ceremonien an die gerecht und gefellig eer gottes und zur notturft der armen und dürftigen menschen wenden hat laussen. so dan nemands an die predigen zegeen und die zů hören getrungen wirt, hingegen aber vil menschen das wort des herren zů hören und gelert zů werden von hertzen begirig, die bisher in clöstern und sunst verhalten, solicher leer gewaltigklich beraupt worden und leider ain lange zeit in mangel gestanden sein: hat ain erbarer rat mit den prelaten und obern derselbigen betriebten und gefangenen menschen erenstlich handlen laussen, daß denen fürohin der zůgang zů der verkündung und auslegung der leer Cristi nit gespert, noch sie in iren gewissen lenger beschwert, sunder inen wie andern cristen die freihait des gaists und innerlichen menschen bevorrsteen sol. [...]“

  • zitiert nach: Ruth Kastner (Hrsg.), Quellen zur Reformation 1517-1555. Darmstadt 1994, 131-132.