2.4. Religionskonflikte in den Nachbarländern

2.4.1. Frankreich

Obwohl zu Beginn auch Luther Einfluss hatte, hat die Theologie des Franzosen Jean Calvin ab der Mitte des 16. Jh.s zur Ausbildung einer reformierten Kirche in Frankreich geführt, die von katholischer Seite despektierlich als „église prétendue réformée“ („angeblich reformierte Kirche“) tituliert wurde. Calvins Wirken in Genf brachte den französischen Protestanten den Namen „huguenots“ (Eidgenossen) ein.

1521Sorbonne verwirft Schriften Luthers
1534Beginn der Protestantenverfolgungen (affaire des placards)
1557Edikt von Compiègne setzt die Todesstrafe auf das öffentliche wie private Bekenntnis zur reformatorischen Lehre grundsätzlich fest
1558Übertritt einflussreicher Hochadeliger zum Protestantismus (Antoine de Bourbon, Louis de Condé, Gaspard de Coligny)
1559erste geheime französische Nationalsynode der Protestanten in Paris: nach Genfer Vorbild geben sich die Protestanten ein calvinistisches Bekenntnis (Confession du Foy, 1571 leichte Textänderungen: Confessio Gallicana)
1562Januaredikt von Saint-Germain: Hugenotten erhalten das Recht zur Abhaltung von Gottesdiensten (aber nur außerhalb der Städte)
1562-63erster Bürgerkrieg, endet mit dem Frieden von Amboise: Einschränkung der Vergünstigung des Januaredikts
1567-68zweiter Bürgerkrieg
1568-1570dritter Hugenottenkrieg: von Katharina de Medici begonnen, endet mit Sieg der Hugenotten, ihr Führer Prinz von Condé wird ermordet; Hugenotten dürfen nun in ganz Frankreich - außer in Paris - Gottesdienste abhalten, erhalten La Rochelle als Sicherheitsplatz eingeräumt
1572Bartholomäusnacht (Pariser Bluthochzeit): anlässlich der Heirat des Hugenotten Heinrich von Navarra und der Schwester des frz. Königs kam es zu einer Massenermordung von Protestanten (ca. 3000 Tote in Paris, 10 000 in der Provinz)
1573vierter Bürgerkrieg, endete mit Frieden von La Rochelle: Hugenotten erhalten freie Religionsausübung für drei Städte: La Rochelle, Nîmes, Montauban
1574-1576fünfter Bürgerkrieg
1576Bildung der katholischen Heiligen Liga unter Führung des Herzogs von Guise
1576-77sechster Bürgerkrieg
1579-1580siebter Bürgerkrieg
1587achter Bürgerkrieg: Krieg der drei Heinriche: Heinrich von Navarra, Henri de Guise, König Heinrich III., von denen nur Heinrich von Navarra überlebt und frz. König wird (1589)
1594Paris öffnet Heinrich von Navarra als Heinrich IV. die Tore, nachdem er 1593 zum Katholizismus („Paris ist eine Messe wert“) übergetreten war
1594„Libertés de l’Eglise gallicane“: die Katholiken betonen nochmals die seit dem MA geforderte relative Eigenständigkeit der gallikanischen Kirche gegenüber Rom
1598Edikt von Nantes: den Hugenotten werden Gewissensfreiheit, beschränkte Kultausübung, politische Gleichberechtigung und Sicherheitsplätze gewährt
1598Gründung von hugenottischen Hochschulen: Montauban und dann vor allem die Akademien von Sedan (1601) und Saumur (1604)
1685Edikt von Fontainebleau: Aufhebung des Ediktes von Nantes durch Ludwig XIV.: ca. eine halbe Million Hugenotten verlassen Frankreich

2.4.2. Niederlande

Die Reformation in den Niederlanden ist eng verwoben mit dem Unabhängigkeitskampf gegen den König von Spanien.

1555

nach der habsburgischen Reichsteilung fallen die 17 niederländischen Provinzen an Philipp II. von Spanien

1559

kirchliche Neuordnung in den Niederlanden (spanisch-niederländische Hierarchie)

1565

Verschärfung der Inquisition und Verkleinerung der Bistümer, Proteste werden abgelehnt

1566

Aufstand des niederen Adels, aktiver Calvinisten (Geusen): Plünderung, Bildersturm

1567

Herzog Alba von Spanien als Statthalter eingesetzt (Militärdiktatur mit Sondergerichten): Verschärfung der Protestantenverfolgung

1568

Beginn des 80jährigen Krieges: militärische Aktionen unter Wilhelm von Oranien, Überfälle der Wassergeusen als Reaktion auf Hinrichtungswelle in den Niederlanden (u.a. Egmont, Horn)

1571

Synode von Emden

1572

Geusen erobern verschiedene Stellungen in den Niederlanden, Beschluss der Provinzen Holland und Seeland, den Kampf gegen Spanien unter Führung Wilhelms von Oraniens aufzunehmen

1575

Gründung der Universität Leiden, die sich schnell zu einem Zentrum der europäischen Wissenschaft und des Calvinismus entwickelt

1576

Genter Pazifikation: Einigung des Landes unter Statthalterschaft Wilhelm von Oraniens gegen Madrid, aber bedroht durch soziale und politische Gegensätze der südl. und nördl. Provinzen

1579

Gründung der Union von Utrecht (aggressiv calvinist. Flügel) als Antwort auf die kath. Union von Arras durch Farnese (Südprovinzen, Hennegau und Artois)

1581

Unabhängigkeitserklärung der nördl. Provinzen (Acte van Afzwering)

1584

Ermordung Wilhelms von Oraniens

1585-1625

Moritz von Oranien Statthalter in der Republik der nördlichen Niederlande

1609

Abschluss eines zwölfjährigen Waffenstillstandes

1618/19

Synode von Dordrecht: Verurteilung der gemäßigten Calvinisten (Remonstranten bzw. Arminianer), Hinrichtung von Johan van Oldenbarnevelt (dem politischen Gegenspieler von Moritz von Oranien) und lebenslange Haft für Hugo Grotius, aus der dieser nach Paris fliehen kann

1648

Spanisch-niederländischer Frieden (Vrede van Münster): Philipp IV. von Spanien erkennt darin die Nördlichen Niederlande (Republiek der Nader Geünieerde Provinciën) als souveränen Staat an. Die südlichen Provinzen (im Prinzip das heutige Belgien) verbleiben bei Spanien