3.1. Dimensionen des Konflikts

3.1.1. Konfessionsproblematik

Die Protestanten fürchten nicht nur um ihr Seelenheil, wenn ihnen die „rechte reine Lehre“ genommen würde; protestantische Landesherren fürchten vor allem um ihr Kirchenregiment als Säule ihrer Landeshoheit; protestantische Landstände (privilegierte Korporation von Adel und Städten) fürchten unter katholischen Landesherren um ihre traditionelle Autonomie und ihre Partizipationsrechte. Die Konfessionsproblematik ist daher mit der Verfassungsproblematik unlösbar verbunden. 

3.1.2. Verfassungsproblematik

Der Dreißigjährige Krieg als „Staatsbildungskrieg“ (Burkhardt): In den Niederlanden und in Böhmen führt der Widerstand protestantischer Stände gegen die landfremde katholische Herrscherdynastie Habsburg dazu, dass die beiden Länder dem Landesherrn die Treue aufkündigen und sich als Republik bzw. Konföderation konstituieren: die Niederlande mit Erfolg, Böhmen mit verheerendem Misserfolg. 

Im Reich geht es um die Frage, auf welcher Ebene und in welcher Form der Prozess der Staatsbildung fortgesetzt werden kann: in Form des Reichs als zentralistischer kaiserlicher Monarchie oder in Form von partikularer Staatsbildung der Fürsten in ihren Territorien.

3.1.3. Mächtepolitik

Damit verbinden sich verschiedene mächtepolitische Konfliktkonstellationen, insbesondere die alte habsburgisch-französische Rivalität, an die sich andere Konflikte anlagern. Konfliktzonen bestehen:

  • im Nordwesten: Niederlande
  • im Südosten: Böhmen/Ungarn/Österreich; Türkenkrieg
  • in Italien: Erbfolge in Mantua; habsburgisch-französisches Ringen um die Vorherrschaft schon seit 1494
  • im Ostseeraum: Großmachtinteressen der Könige von Dänemark und Schweden, schwedisch-polnischer Krieg

Im Verlauf des Krieges wird die Dominanz des mächtepolitischen Interesses immer offensichtlicher: es entstehen konfessionsübergreifende Bündnisse, v.a. Frankreich/Schweden gegen Habsburg. 

3.1.4. Militärische Eigenlogik

Die Eigendynamik der Kriegführung selbst hält diesen in Gang; die Kriegsökonomie selbst fordert die Fortsetzung des Krieges („Der Krieg ernährt den Krieg“). Die Truppen sind z.T. noch von selbstständig operierenden Kriegsunternehmern, z.B. Wallenstein, aufgeboten und werden von diesen unterhalten, die damit eigene ökonomische und machtpolitische Zwecke verfolgen.