3.2. Ein Krieg – viele Kriege?
Die Bezeichnung „Der Dreißigjährige Krieg“ suggeriert ein einheitliches Kriegsgeschehen über drei Jahrzehnte, das es nicht gab. Vielmehr handelt es sich um ein Bündel verschiedener miteinander verflochtener Konflikte, die teils schon vorher begonnen hatten (niederländisch-spanischer Krieg seit 1568), teils 1648 nicht aufhörten (spanisch-französischer Krieg bis 1659). Dennoch nahmen schon Zeitgenossen den „Teutschen Krieg“ als Einheit wahr. Das Reich war der Hauptkriegsschauplatz, auf dem die verschiedenen Mächte ihre Interessen ausfochten; verheerende Auswirkungen mit bis zu zwei Dritteln Bevölkerungsverlust auf einer Achse vom Nordosten bis zum Südwesten Deutschlands.
Phasen des Krieges, bezeichnet nach den Kriegsgegnern Habsburgs:
3.2.1. Böhmisch-pfälzischer Krieg 1618-1623
Böhmische Stände können den innerdynastischen Konflikt zwischen den Habsburgern Rudolf und Matthias für sich ausnutzen (Majestätsbrief 1609); sie betreiben eine eigene Konfessionalisierungs- und Staatsbildungspolitik (Kirchenordnung, Schulen, Militär, Diplomatie), widersetzen sich der Rekatholisierungspolitik des Kaisers Ferdinand II. (Prager Fenstersturz 1618 als symbolischer Akt des Widerstands; Confoederatio bohemica 1619) und wählen Friedrich von der Pfalz zum König. Sie scheitern aber u.a. an mangelnder militärischer Unterstützung durch andere protestantische Fürsten (Schlacht am Weißen Berg 1620). Ferdinand II. verleibt die böhmischen Länder der habsburgischen Monarchie ein (Verneuerte Landesordnung 1627).
3.2.2. Niedersächsisch-dänischer Krieg 1624-1629
Christian IV. von Dänemark tritt als niedersächsischer Kreisoberst auf Seiten der Kurpfalz in den Krieg ein, um sein Ostseeimperium gegenüber dem schwedischen Rivalen zu stärken, unterliegt aber den Heeren der Liga und des Kaisers (Friede von Lübeck 1629). Dies stellt einen Höhepunkt der militärischen Macht des Kaisers dar, die dieser zur Revision der konfessionellen Ordnung im Reich zu nutzen sucht: mit dem Restitutionsedikt 1629 verlangt er die Wiederherstellung allen nach 1555 säkularisierten Kirchenbesitzes. Die kaiserliche Rekatholisierungspolitik greift die fürstliche Kirchenhoheit an und richtet sich allgemein gegen landesherrliche Unabhängigkeit. Dagegen regt sich Widerstand nicht nur der protestantischen (z.T. bisher loyalen) Reichsstände, sondern auch des katholischen Bayerns. Der Kurfürstentag in Regensburg 1630 bedeutet das endgültige Scheitern des universal-monarchischen „Reichsabsolutismus“.
3.2.3. Schwedischer Krieg 1630-1635
Unter König Gustav Adolf erfolgt die erfolgreiche Invasion der schwedischen Truppen im Reich; nach und nach treten auch bisher kaisertreue protestantische Fürsten gegen den Kaiser in den Krieg und verbünden sich mit Schweden (Heilbronner Bund 1633). Einen entscheidenden Sieg erringen die Kaiserlichen mit spanischer Hilfe bei Nördlingen 1634; die meisten Reichsstände schließen 1635 den Prager Frieden mit dem Kaiser. Das hätte den Krieg im Reich beenden können, wenn nicht andere Mächte ihre Interessen auf dem deutschen Kriegsschauplatz weiterverfolgt hätten.
3.2.4. Schwedisch-französischer Krieg 1635-1648
Dies stellt die langwierigste und verheerendste Phase des Krieges dar, in der es Frankreich und Schweden gemeinsam um die Brechung der habsburgischen Macht geht. Seit 1643 werden in Münster und Osnabrück Friedensverhandlungen geführt, die 1648 zum Westfälischen Frieden führen.