Ulrich Bräker, Lebensgeschichte und natürliche Abenteuer des Armen Mannes im Tockenburg, hrsg. von Werner Günther, Stuttgart 1965 (Erstausgabe Zürich 1789), 133.

Ulrich Bräker, Lebensgeschichte und natürliche Abenteuer des Armen Mannes im Tockenburg, hrsg. von Werner Günther, Stuttgart 1965 (Erstausgabe Zürich 1789), 133.

Ulrich Bräker desertierte während des siebenjährigen Krieges aus der preußischen Armee. Seine "Lebensgeschichte", in der er u.a. das Heer von innen heraus beschreibt, wurde erstmals 1789 von dem Schweizer Verleger H.H. Füßli veröffentlicht. Der Quellenauszug verdeutlicht die minimale Identifikation mit dem Krieg auf allen Seiten, die bezeichnend war für die meist mit Gewalt und List rekrutierten Soldaten der stehenden Heere.

"Das heißt - wo nicht mit Ehren gefochten - doch glücklich entronnen. Ich schlich also zuerst mit langsamem Marsch ein wenig auf die linke Seite, die Reben durch. Noch eilten etliche Preußen bei mir vorbei: "Komm, komm, Bruder!" sagten sie, "Victoria!" Ich rispostierte kein Wort, tat nur ein wenig blessiert, und ging immer noch allgemach fort, freilich mit Furcht und Zittern. Sobald ich mich indessen so weit entfernt hatte, daß mich niemand mehr sehen mochte, verdoppelte, verdrei-, vier-, fünf-, sechsfachte ich meine Schritte, blickte rechts und links wie ein Jäger, sah noch von weitem - zum letzten Mal in meinem Leben - morden und totschlagen, strich dann in vollem Galopp ein Gehölze vorbei, das voll toter Husaren, Panduren und Pferde lag, rannte eines Rennens grade dem Fluß nach herunter und stand jetzt an einem Tobel. Jenseits desselben kamen soeben auch etliche kaiserliche Soldaten angestochen, die sich gleichfalls aus der Schlacht weggestohlen hatten, und schlugen, als sie mich so daherlaufen sahen, zum drittenmal auf mich an, ungeachtet ich immer das Gewehr streckte und ihnen mit dem Hut den gewohnten Wink gab. Doch brannten sie niemals los. Ich faßte also den Entschluß, gerad auf sie zuzulaufen. Hätt´ ich einen andern Weg genommen, würden sie, wie ich nachwärts erfuhr, unfehlbar auf mich gefeuert haben. Ihr H . . . , dacht´ ich, hättet ihr euer Courage bei Lowositz gezeigt! Als ich nun zu ihnen kam und mich als Deserteur angab, nahmen sie mir das Gewehr ab, unterm Versprechen mir´s nachwärts schon wieder zuzustellen. Aber der, welcher sich dessen impatroniert hatte, verlor sich bald darauf und nahm das Füsil mit sich. Nun so sei´s!"